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affVAL-LR34
Skalen zur Erfassung der affektiven Valenz des Lesens und Rechnens im dritten und vierten Grundschuljahr
Kurzabstract
Die Skalen des Fragebogens affVAL-LR34 sollen die affektiven Valenzen von Grundschulkindern im Hinblick auf die Lernbereiche Lesen und Rechnen erfassen. Beide Skalen setzen sich pro Schulfach aus jeweils sechs Schätzitems zusammen. Reliabilität: Die internen Konsistenzen fielen in beiden Klassenstufen für beide Schulfächer zulänglich aus (Alpha über .86). Validität: Die Beziehungen der beiden Skalen zu ausgewählt herangezogenen Leistungsmaßen und kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen ergaben ein klares schulfachspezifisches Muster. Außerdem fanden sich Hinweise auf geschlechtsabhängige Ausprägungen ihrer Summenwerte. Und schließlich ließen sich signifikante Zusammenhänge beider Skalen mit verschiedenen Kontextvariablen, im Einzelnen mit dem wahrgenommenen Verhalten der Lehrkräfte, dem sozialen Klassenklima sowie der generellen Schulunlust der Schülerinnen und Schüler, nachweisen.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: affVAL-LR34. Skalen zur Erfassung der affektiven Valenz des Lesens und Rechnens im dritten und vierten Grundschuljahr. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9006509
Zitierung
Faber, G. (2012). affVAL-LR34. Skalen zur Erfassung der affektiven Valenz des Lesens und Rechnens im dritten und vierten Grundschuljahr [Verfahrensdokumentation, Autorenbeschreibung, Fragebogen mit Auswertung]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4522
Kurzinformationen
Kurzname affVAL-LR34
Engl. Name Scales for Measuring Elementary Third- and Fourth Graders' Affective Value in Reading and Mathematics
Autoren Faber, G.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2012
Copyright/Lizenz Copyright Autor; CC-BY-SA 4.0
Schlagworte Grundschüler, Emotionale Zustände, Schüler- und Studierendeneinstellungen, Schulisches Lernen, Vergnügen, Mathematik (Wissenschaft), Lesen, Grundschulausbildung
Sprachversionen deu
Konstrukt Affektive Valenz
Altersbereich Dritt- und Viertklässler
Itemzahl 12 Items
Subskalen (1) Lesen, (2) Rechnen
Durchführungszeit ca. 10 Min.
Auswertungsdauer ca. 5 Min.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha über .86.
Beziehungen zu ausgewählt herangezogenen Leistungsmaßen und kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen; Hinweise auf geschlechtsabhängige Ausprägungen ihrer Summenwerte; signifikante Zusammenhänge mit verschiedenen Kontextvariablen(wahrgenommenes Verhalten der Lehrkräfte, soziales Klassenklima, generelle Schulunlust).
Keine.
Anwendungsbereich Forschung, Evaluation
Diagnostische Zielsetzung
Die Skalen sollen die affektiven Valenzen von Grundschulkindern im Hinblick auf die Lernbereiche Lesen und Rechnen erfassen.
Aufbau
Beide Skalen setzen sich pro Schulfach aus jeweils 6 vierstufigen Schätzitems zusammen.
Grundlagen und Konstruktion
Auf der Basis der Klassischen Testtheorie wurden die 12 Items für die Klassenstufen 3 und 4 jeweils gesondert einer Hauptkomponentenanalyse (mit Varimax-Rotation) unterzogen, die ein klares zweifaktorielles Ladungsmuster im Hinblick auf die erfragten Schulfächer ergab. Alle Skalen erfassen die affektiven Valenzen in fachspezifisch differenzieller Weise.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Die Skalen wurden gesondert in einer Stichprobe von n = 298 Kindern des dritten und von n = 266 Kindern des vierten Grundschuljahres eingesetzt und erprobt. Alle Klassen stammten aus Grundschulen mit offenen Ganztagsangeboten.
Reliabilität: Die internen Konsistenzen fielen auf beiden Klassenstufen für beide Schulfächer zulänglich aus (Alpha > = .86).
Validität: Die Beziehungen der beiden Skalen zu ausgewählt herangezogenen Leistungsmaßen und kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen ergaben ein klares schulfachspezifisches Muster. Außerdem fanden sich Hinweise auf geschlechtsabhängige Ausprägungen ihrer Summenwerte. Und schließlich ließen sich signifikante Zusammenhänge beider Skalen mit verschiedenen Kontextvariablen, im Einzelnen mit dem wahrgenommenen Verhalten der Lehrkräfte, dem sozialen Klassenklima sowie der generellen Schulunlust der Schülerinnen und Schüler nachweisen.
Normen: Eine Normierung wurde nicht vorgenommen.
Testkonzept
Theoretischer Hintergrund
Als wesentliche individuelle Determinanten schulischen Lernens sind kognitiv-motivationale Schülermerkmale mittlerweile hinlänglich ausgewiesen. Sie reflektieren auf subjektiv bedeutsame Weise die bisherigen Lernerfahrungen der Schüler im Hinblick auf bestimmte Anforderungen und wirken sich langfristig handlungsregulierend aus. Konzeptuell lassen sie sich in entsprechende Erwartungs- und Wertkomponenten unterscheiden, mit denen die individuell maßgeblichen Kompetenzüberzeugungen und Valenzzuschreibungen als relativ überdauernde Gedächtnisstrukturen repräsentiert sind. Die Kompetenzüberzeugungen erscheinen dabei vorrangig im leistungsthematischen Selbstkonzept (Sundström, 2006) und die Valenzzuschreibungen sind weitreichend in den Einschätzungen der subjektiven Bedeutung eines Lernbereichs realisiert (Eccles & Wigfield, 2002; Wigfield, Eccles, Schiefele, Roeser & Davis-Kean, 2006). Die Valenzzuschreibungen von Schülern können sich unter anderem auf deren affektive Bewertung eines bestimmten Lernbereichs oder Anforderungstyps beziehen. Als dementsprechend positive oder negative Valenzkognitionen dürften sie langfristig den individuellen Umgang mit einschlägigen Lernsituationen und das individuelle Lernverhalten der Schüler beeinflussen - insgesamt auch deren gesamtes schulisches Wohlbefinden befördern oder beeinträchtigen (Wigfield, Hoa & Klauda, 2009). Als in diesem Sinne besonders relevante positive Valenzkognition hat sich die Lernfreude nachweisen lassen. Sie bezieht sich auf das Ausmaß an angenehmen Emotionen und Bewertungen, die Schüler im Hinblick auf einen umschriebenen Lerngegenstand erleben (Frenzel, Götz & Pekrun, 2009; Hascher & Edlinger, 2009). Ihre individuelle Ausprägung dürfte absehbar von der vorausgegangenen Lerngeschichte und der entsprechenden Kompetenzeinschätzung in einem umschriebenen Lernbereich abhängen. Demnach werden diejenigen Schüler ein höheres Ausmaß an Lernfreude entwickeln, die zureichende Leistungen in einem Lernbereich erzielen oder ihre Leistungen zumindest als zureichend bewerten. Folglich sollte ein höheres Ausmaß an Lernfreude mit ihrer Leistung, mehr noch mit ihrem Selbstkonzept assoziiert sein. Kognitiv-motivationale Bedingung für das Entstehen von Lernfreude wäre somit die positive Bewertung der Auseinandersetzung mit umschriebenen Lernanforderungen, die als erfolgreich kontrollierbar erfahren werden (Pekrun, 2006). In diesem Sinne lässt sich das Konstrukt Lernfreude auch als Indikator für eine intrinsische Motivationslage fassen (Ryan & Deci, 2000). Empirisch ist die Abhängigkeit der Lernfreude vom Schulfach inzwischen eindeutig nachgewiesen. Über unterschiedlichste Fächer finden sich ihre Ausprägungen allenfalls mäßig korreliert, ihre Beziehungen zur Leistung oder zum Selbstkonzept zeigen ein fachspezifisches Muster (Faber, 2009; Götz, Frenzel, Pekrun & Hall, 2006; Steinmayr & Spinath, 2007; Valtin, Wagner, Ostrop & Darge, 2000). Diese schulfachliche Differenzierung manifestiert sich bereits im Verlauf der Grundschuljahre (Helmke, 1997a; Schmude, 2005; Wigfield, Eccles, Yoon, Harold, Arbreton, Freedman-Doan & Blumenfeld, 1997). Dabei nehmen Grundschulkinder die meisten Schulfächer noch ausnehmend positiv wahr (Demarle-Meusel & Hanfstingl, 2009; Hellmich, 2005; Karst, Mösko, Lipowsky & Faust, 2011; Rosenfeld & Valtin, 1997; Schmude, 2005). Zugleich zeichnet sich auch schon während der Grundschulzeit ein geschlechtstypischer Bias in der berichteten Lernfreude ab, der sich im Sekundarbereich fortsetzt. Jungen bewerten mathematisch-naturwissenschaftliche, Mädchen sprachliche Lernsituationen signifikant günstiger (Andre, Whigham, Hendrickson & Chambers, 1999; Hellmich, 2005; Helmke, 1997a; Jacobs, Lanza, Osgood, Eccles & Wigfield, 2002; Jerusalem & Mittag, 1999; Rosenfeld & Valtin, 1997; Valtin, Wagner, Ostrop & Darge, 2000). Diese Unterschiede bleiben auch noch bei statistischer Kontrolle der schulfachlichen Leistung erhalten (Faber, Tiedemann & Billmann-Mahecha, 2011; Frenzel, Pekrun & Goetz, 2007b). Ähnliche Befunde sind seit längerem auch aus der Selbstkonzeptforschung bekannt. So haben verschiedene Studien übereinstimmend belegt, dass sich die schulfachlichen Selbsteinschätzungen von Schülern nicht nur auf das eigene Leistungsniveau, sondern darüber hinaus auch auf die Bewertung des jeweiligen Lerngegenstands beziehen können (Arens, Yeung, Craven & Hasselhorn, 2011; Marsh, Craven & Debus, 1999), bspw. als affektive Einstellungen gegenüber dem Lesen und Rechtschreiben (Chapman & Tunmer, 1995; Faber, 1991, 2010b). Konzeptuell erscheinen diese Befunde nicht überraschend, denn sie stammen allesamt aus Untersuchungsansätzen, in denen die affektive Valenz der thematisierten Lernbereiche von vornherein im Zusammenhang mit dem Selbstkonzept erfragt worden ist. Mit den dabei im Einzelnen nachgewiesenen Kompetenzeinschätzungen und Valenzzuschreibungen sind zwar empirisch überlappende Merkmalsinformationen erfasst. Auf dem Hintergrund einschlägig modularisierter Modellvorstellungen zur Leistungsmotivation erscheint es gleichwohl nahe liegend, sie als strukturell wie prozessual distinkte Motivationskomponenten zu betrachten und die entsprechenden affektiven Zuschreibungen dem Konstrukt der leistungsthematischen Valenzkognitionen zuzuordnen (Möller, 2008; Wigfield & Eccles, 2000). Bei alledem erweist sich das von den Schülern individuell erlebte Ausmaß an Lernfreude erwartungsgemäß positiv mit den jeweiligen schulfachlichen Leistungskriterien und lernstrategischen Kompetenzen korreliert (Chatzistamatiou & Dermitzaki, 2009; Graham, Berninger & Fan, 2007; Frenzel, Götz & Pekrun, 2009; Helmke, 1997a; Martínez, Aricak & Jewell, 2008). Allerdings bleibt die Stärke dieser Beziehungen zumeist mäßig. Demgegenüber fallen die Zusammenhänge zwischen der Lernfreude und dem Selbstkonzept deutlich stärker aus. Schüler mit positiven Kompetenzeinschätzungen in einem bestimmten Lernbereich oder Schulfach berichten in aller Regel auch ein entsprechend hohes Ausmaß an Lernfreude (Chatzistamatiou & Dermitzaki, 2009; Faber, 2009; Faber, Tiedemann & Billmann-Mahecha, 2011; Grootenboer & Hemmings, 2007; Hagenauer & Hascher, 2011; Hellmich, 2005; Jerusalem & Mittag, 1999; Roesken, Hannula & Pehkonen, 2011). Mit dieser vergleichsweise engeren Kovariation von Lernfreude und Selbstkonzept ist auf die kognitiv-motivationale Bedeutung subjektiver Kompetenz- und Kontrollperspektiven verwiesen. Dabei stützen einige Untersuchungen die Annahme eines sequenziell gestuften Wirkgefüges zwischen Leistung, Selbstkonzept und Lernfreude. Offenbar schlägt sich das schulfachliche Selbstkonzept der Schüler nicht nur direkt, sondern teilweise auch indirekt über die erlebte Lernfreude auf deren Lernverhalten und Leistungen nieder. Solche Mediationsprozesse belegen die Annahme, dass erst ein individuell starkes Kompetenzerleben zur Ausbildung positiver Valenzen führen kann, und dass erst unter dieser Voraussetzung sowohl Kompetenzerwartungen in einem Lernbereich als auch dessen positive Bewertung in lernzuträglicher Weise wirksam werden (Bornholt & Wilson, 2007; Helmke, 1997b; Martschinke & Kammermeyer, 2006). In Anbetracht dieser Befundlage erscheint es für eine Klärung der kognitiv-motivationalen Bedingungen schulischen Lernens sinnvoll, über die schulfachlichen Kompetenzannahmen der Schüler hinaus ebenso deren affektive Bewertung schulfachlicher Lernaktivitäten zu analysieren. Unter entwicklungspsychologischer Perspektive sollte dies möglichst frühzeitig im Verlauf der Grundschuljahre geschehen können. Entsprechende Forschungsinstrumente finden sich jedoch vor allem für den Grundschulbereich erst vereinzelt. Häufig ist die Lernfreude in einschlägigen Studien nur mittels einzelner Items erfragt worden (Rosenfeld & Valtin, 1997; Schmude, 2005). Komplexer ansetzende Skalen, mit denen das Konstrukt differenzierter operationalisiert wird, liegen entweder nur für die ersten beiden Jahrgangsstufen vor (Karst, Mösko, Lipowsky & Faust, 2011), enthalten zu wenig Items und erscheinen psychometrisch somit noch verbesserungsbedürftig (Faber, Tiedemann & Billmann-Mahecha, 2011) oder gründen auf einer empirischen Basis, die Zweifel an der Repräsentativität und Validität der vorgelegten Ergebnisse aufkommen lässt (Demarle-Meusel & Hanfstingl, 2009). Demgegenüber erscheinen die von Helmke (1997a) verwendeten Skalen insofern bemerkenswert, als sie das Konstrukt in den untersuchten Fächern konkret anforderungsspezifisch verankern. Darüber hinaus liegen seit geraumer Zeit spezifische Einstellungsskalen zur affektiven Bewertung des Lesens und Schreibens vor, die das Konstrukt nach Maßgabe schulischer und außerschulischer Anwendungssituationen differenzieren und dazu ein augenscheinlich kindgemäßes, methodisch indes nicht unproblematisches Antwortformat mit einer Comicfigur verwenden (Kear, Coffman, McKenna & Ambrosio, 2000; McKenna & Kear, 1990; McKenna, Kear & Ellsworth, 1995). Für eine eigene Untersuchung der kognitiv-motivationalen Merkmale von Kindern des dritten und vierten Grundschuljahres (Faber, 2010a) schien es daher angebracht, ein ökonomisch einsetzbares und psychometrisch zulängliches Verfahren zur Erfassung der affektiven Valenz des Lesens und Rechnens zu entwickeln. Dazu wurden für jedes Fach sechs Schätzitems formuliert, anhand derer die Schüler das Ausmaß ihrer positiven bzw. negativen Bewertung der beiden Fächer vornehmen sollten. Auf eine weiter reichende Differenzierung schulfachlicher Lernaktivitäten, etwa im Hinblick auf prototypische Anforderungen, wurde innerhalb des gegebenen Forschungskontexts bewusst verzichtet.
Testaufbau
Aufgrund der empirischen Ergebnisse lassen sich die pro Fach verwendeten 6 Items faktoriell jeweils einer latenten Dimension zuordnen. Die Beantwortung der Aufgaben erfolgt durch Ankreuzen eines vierstufigen Schätzformats, das grafisch vorgegeben und verbal verankert ist.
Auswertungsmodus
Die Antworten sind im geschlossenen Schätzformat vorgegeben: "Stimmt gar nicht", "stimmt kaum", "stimmt etwas" und "stimmt genau". Die positiv formulierten Items 02, 03, 06, 08, 09, und 12 werden entsprechend aufsteigend, die negativ formulierten Items 01, 04, 05, 07, 10 und 11 werden invers kodiert.
Auswertungshilfen
Die Auswertung geschieht mithilfe eines standardisierten Kodierungsschlüssels, der im Elektronischen Testarchiv des ZPID online zugänglich ist.
Auswertungszeit
Pro Fall beläuft sich die Auswertungszeit auf etwa 5 Minuten.
Itembeispiele
"Lesen/Rechnen macht mir meistens Spaß."
Items
Die 12 Items, die aufgrund der faktorenanalytischen Ergebnisse allesamt für die endgültige Skalenbildung herangezogen worden sind, erscheinen im Fragebogen in der aufgeführten Reihenfolge:
affVAL-L 01 Mir wäre lieber, wenn wir in der Schule weniger lesen würden.
affVAL-L 02 Lesen macht mir meistens Spaß.
affVAL-L 03 Hausaufgaben im Lesen mache ich gern.
affVAL-L 04 Bei den Hausaufgaben würde ich Lesen am liebsten weglassen.
affVAL-L 05 Lesen finde ich langweilig.
affVAL-L 06 Ich bin dafür, dass wir in der Schule noch mehr lesen.
affVAL-R 07 Mir wäre lieber, wenn wir in der Schule weniger rechnen würden.
affVAL-R 08 Rechnen macht mir meistens Spaß.
affVAL-R 09 Hausaufgaben im Rechnen mache ich gern.
affVAL-R 10 Bei den Hausaufgaben würde ich Rechnen am liebsten weglassen.
affVAL-R 11 Rechnen finde ich langweilig.
affVAL-R 12 Ich bin dafür, dass wir in der Schule noch mehr Rechnen machen.
Durchführung
Testformen
Die Skalen können sowohl in der Einzel- wie auch in der Gruppensituation angewandt werden. Parallelformen liegen nicht vor.
Altersbereiche
In Anbetracht der untersuchten Stichproben empfiehlt sich ihre Anwendung in der dritten und vierten Jahrgangsstufe der Grundschule.
Durchführungszeit
Instruktion und Datenerhebung beanspruchen etwa 10 Minuten.
Material
Fragebogen und Schreibgerät. Der Fragebogen ist im Elektronischen Testarchiv des ZPID online zugänglich.
Instruktion
Die Instruktion ist im Elektronischen Testarchiv des ZPID online zugänglich.
Durchführungsvoraussetzungen
Der Fragebogen sollte derzeit nur von Personen mit zureichenden methodischen Kenntnissen und Kompetenzen im Kontext entsprechender Forschungsvorhaben verwendet werden.
Testkonstruktion
Die Testkonstruktion orientierte sich an den Kriterien der Klassischen Testtheorie. Die Skalen wurden in Grundschulen mit offenem Ganztagsangebot sowohl in der dritten Jahrgangsstufe (von 146 Mädchen und 152 Jungen) als auch in der vierten Jahrgangsstufe (von 134 Mädchen und 132 Jungen) bearbeitet. Der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund lag in Klasse 3 bei 42% und in Klasse 4 bei 39% (Faber, 2010a). Die Datenerhebung erfolgte klassenweise in Abwesenheit der zuständigen Lehrkräfte. Eine für beide Klassenstufen gesondert berechnete Hauptkomponentenanalyse (mit Varimax-Rotation) ergab jeweils ein klares zweifaktorielles Ladungsmuster (Klassenstufe 3: Eigenwerteverlauf: e1 = 4.055, e2 = 3.236, e3 = 1.000, Klassenstufe 4: e1 = 4.695, e2 = 2.937, e3 = 0.766). Alle Items weisen sehr hohe Faktorladungen auf und können als Markiervariablen (a > = .35) gelten, die mehr als die Hälfte der empirisch insgesamt erklärten Itemvarianz (a2/h2 > = .50) abbilden (Fürntratt, 1969). Die part-whole-korrigierten Trennschärfen liegen in einem hervorragenden Wertebereich (Tabelle 1). Auf dieser Basis wurden für jede Klassenstufe und für jedes Fach entsprechende Skalen mit 6 Items gebildet.
Tabelle 1
Faktorladungen (a), Kommunalitäten (h2) und part-whole-korrigierte Trennschärfen (rit) für die Klassenstufen 3 und 4
Klassenstufe 3 | Klassenstufe4 | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Item | a1 | a2 | h2 | a2/h2 | rit | a1 | a2 | h2 | a2/h2 | rit |
affVAL-L 01 | .720 | .116 | .532 | .974 | .613 | .744 | .108 | .565 | .979 | .641 |
affVAK-L 02 | .821 | -.022 | .675 | .998 | .720 | .822 | .105 | .686 | .985 | .727 |
affVAL-L 03 | .824 | .057 | .682 | .996 | .722 | .836 | .045 | .701 | .997 | .737 |
affVAL-L 04 | .759 | .046 | .578 | .997 | .651 | .739 | .110 | .558 | .979 | .638 |
affVAL-L 05 | .809 | .102 | .665 | .984 | .719 | .776 | .125 | .617 | .976 | .682 |
affVAL-L 06 | .779 | -.033 | .608 | .998 | .660 | .766 | .055 | .590 | .995 | .657 |
affVAL-R 07 | .005 | .800 | .641 | .998 | .687 | .089 | .832 | .700 | .989 | .748 |
affVAL-R 08 | -.040 | .776 | .604 | .997 | .657 | .177 | .740 | .579 | .946 | .654 |
affVAL-R 09 | .090 | .767 | .596 | .987 | .660 | .094 | .788 | .629 | .987 | .697 |
affVAL-R 10 | .091 | .771 | .603 | .986 | .659 | .013 | .841 | .708 | .998 | .746 |
affVAL-R 11 | .088 | .739 | .554 | .986 | .619 | .146 | .824 | .701 | .968 | .750 |
affVAL-R 12 | .025 | .745 | .555 | 1.000 | .631 | .053 | .771 | .597 | .996 | .672 |
Eigenwert | 4.06 | 3.24 | 4.69 | 2.94 | ||||||
Varianz | 31.1 | 29.6 | 39.1 | 24.5 |
Die Summenwerte dieser Skalen zeigten sich zu r = .11 (p < .05) in Klasse 3 und zu r = .23 (p < .001) in Klasse 4 geringfügig korreliert. Die erfragten Valenzkognitionen erfassen somit hinreichend separierbare, mithin schulfachspezifische Konstruktausprägungen. Entwicklungspsychologisch erwartungsgemäß berichteten die befragten Dritt- und Viertklässler eine insgesamt positiv getönte Einschätzung der beiden Schulfächer. Sowohl in der dritten als auch in der vierten Jahrgangsstufe fielen die Verteilungen der Skalensummen daher deutlich rechtssteil aus (Tabelle 2). Die z-transformierten Schiefewerte (Lienert & Raatz, 1994) ließen mehrheitlich eine starke Abweichung von der Normalverteilung erkennen, sodass die korrelativen Zusammenhänge zwischen diesen Skalensummen und den herangezogenen Validierungskriterien absehbar unterschätzt sein dürften (Cohen, Cohen, West & Aiken, 2003).
Tabelle 2
Deskriptive Statistiken, Reliabilitätskoeffizienten (Cronbachs Alpha, Split-half nach Spearman-Brown) und Standardmessfehler (se) auf den Klassenstufen 3 und 4
AM | SD | zSchiefe | zKurtosis | Cronbachs-Alpha | Splithalf | se | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
affVAL-Lesen 3 | 19.1 | 5.1 | -7.3 | 0.4 | .88 | .84 | 1.78 |
affVAL-Lesen 4 | 19.0 | 5.3 | -6.3 | 0.1 | .88 | .89 | 1.70 |
affVAL-Rechnen 3 | 17.2 | 4.9 | -3.4 | -2.8 | .86 | .88 | 1.99 |
affVAL-Rechnen 4 | 16.0 | 5.4 | -1.4 | -3.4 | .89 | .88 | 1.78 |
Gütekriterien
Objektivität
Die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität kann aufgrund verbindlicher Instruktionen und eines vorgegebenen Auswertungsschlüssels als gesichert gelten.
Reliabilität
Die internen Konsistenzen wurden sowohl über Cronbachs Alpha als auch über die nach Spearman-Brown korrigierten Testhalbierungskoeffizienten geschätzt. Sie erreichten insgesamt zulängliche Werte (Tabelle 2).
Validität
Zur Klärung ihrer kriteriumsbezogenen Validität wurden die Zusammenhänge der Skalen mit ausgewählten kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen und Leistungsmaßen untersucht. Dabei wurden die Leseleistung mittels des Salzburger Lese-Screenings (Mayringer & Wimmer, 2003) und die Rechenleistung mittels des Heidelberger Rechentests (Haffner, Baro, Parzer & Resch, 2005) erfasst. Als schulfachspezifische Motivationsvariablen wurden das Selbstkonzept und die Leistungsängstlichkeit in beiden Fächern mittels eigens entwickelter Instrumente erfragt (Faber, 2010a). Als weitere individuelle und kontextuelle Validierungskriterien wurden darüber hinaus das allgemeine Selbstwertgefühl, die Schulunlust, das perzipierte Klassenklima sowie die erlebte Lehrerunterstützung anhand der betreffenden Subskalen des Fragebogens zur Erfassung emotionaler und sozialer Schulerfahrungen von Grundschulkindern dritter und vierter Klassen (FEESS 3-4; Rauer & Schuck, 2003) erhoben. Aufgrund der rechtssteilen Verteilung der Skalensummen wurden sowohl Produkt-Moment- als auch Rangkorrelationen berechnet. Da die Unterschiede zwischen beiden Kennwerten durchgängig nur geringfügig ausfielen, wurden die interessierenden Beziehungen auf der Basis der Produkt-Moment-Korrelationen analysiert. Auf beiden Klassenstufen fand sich ein schulfachspezifisches Muster in den Beziehungen zwischen den affektiven Valenzen, den Leistungen sowie den Selbstkonzepten und der Leistungsängstlichkeit. Die Lernfreude zeigte sich mit den Bezugsvariablen desselben Fachs jeweils deutlich stärker korreliert. Dabei fielen ihre Zusammenhänge mit dem Selbstkonzept durchgängig enger als mit den Testleistungen aus. In beiden Fächern zeigten diejenigen Schülerinnen und Schüler, die ein höheres Ausmaß an schulfachlicher Lernfreude berichteten, analog höhere Kompetenzeinschätzungen und ein geringeres Leistungsangsterleben.
Tabelle 3
Beziehungen der affVAL-Skalen zu ausgewählten kognitiv-motivationalen Variablen und Leistungsmaßen: Produkt-Moment-Korrelationen (Signifikanz: ***p < .001, **p < .01)
Selbstkonzept | Leistungsängstlichkeit | Testleistung | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Lesen | Rechnen | Lesen | Rechnen | Lesen | Rechnen | |
affVAL-Lesen 3 | .45*** | .05 | -.35*** | -.13* | .19*** | .02 |
affVAL-Lesen 4 | .30*** | -.07 | -.36*** | .01 | .20*** | .02 |
affVAL-Rechnen 3 | .16** | .47*** | -.10* | -.35*** | .06 | .32*** |
affVAL-Rechnen 4 | .06 | .50*** | -.18** | -.51*** | -.04 | .29** |
Das individuell realisierte Ausmaß an affektiver Wertschätzung unterschied sich auf beiden Klassenstufen statistisch bedeutsam zwischen den Schulfächern. Sowohl in Klasse 3 (t = 4.640, df = 297, p = .000, d = 0.29) als auch in Klasse 4 (t = 7.758, df = 276, p = .000, d = 0.44) wurde das Lesen von den Schülerinnen und Schülern insgesamt positiver erlebt als das Rechnen. Darüber hinaus ließen sich inferenzstatistisch signifikante Unterschiede in den Summenwerten von Mädchen und Jungen feststellen, deren praktische Bedeutsamkeit sich allerdings niedrig bis moderat darstellte. So berichteten die Mädchen in Klasse 3 eine höhere affektive Valenz des Lesens (t = 1.999, df = 292.7, p = .047, d = 0.23), die Jungen eine höhere affektive Valenz des Rechnens (t = -2.515, df = 296, p = .012, d = 0.29). In Klasse 4 berichteten die Mädchen eine deutlich höhere affektive Valenz des Lesens (t = 4.097, df = 249.7, p = .000, d = 0.50). Hinsichtlich des Rechnens erwies sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern hingegen als nicht signifikant (t = -0.467, df = 297, p = .641). Zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund ließen sich auf beiden Klassenstufen keine überzufälligen Unterschiede im Ausmaß der schulfachlichen Lernfreude nachweisen (Lesen Klasse 3: t = -1.302, df = 296, p = .196; Lesen Klasse 4: t = -1.214, df = 264, p = .226; Rechnen Klasse 3: t = 0.827, df = 296, p = .409, Rechnen Klasse 4: t = 1.392, df = 264, p = .165).
Tabelle 4
Beziehungen der affVAL-Skalen zum allgemeinen Selbstwertgefühl und zu ausgewählten Kontextvariablen: Produkt-Moment-Korrelationen (Signifikanz: ***p < .001, **p < .01)
Selbstkonzept | Leistungsängstlichkeit | Testleistung | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Lesen | Rechnen | Lesen | Rechnen | Lesen | Rechnen | |
affVAL-Lesen 3 | .45*** | .05 | -.35*** | -.13* | .19*** | .02 |
affVAL-Lesen 4 | .30*** | -.07 | -.36*** | .01 | .20*** | .02 |
affVAL-Rechnen 3 | .16** | .47*** | -.10* | -.35*** | .06 | .32*** |
affVAL-Rechnen 4 | .06 | .50*** | -.18** | -.51*** | -.04 | .29*** |
Mit dem allgemeinen Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler zeigten sich die schulfachlich erfragten Valenzen durchgängig positiv, im Betrag allerdings nur niedrig korreliert (Tabelle 4). Dieses Ergebnis bestätigt weitgehend die einschlägige Befundlage, insoweit das Selbstwerterleben der befragten Grundschulkinder nicht vorrangig aus deren leistungsthematischen Erfahrungen resultieren muss. Und schließlich ergaben sich im Hinblick auf die herangezogenen Kontextvariablen zusätzliche Hinweise auf die Bedeutung der affektiven Valenzen (Tabelle 4). Auf beiden Klassenstufen ging ein stärkeres Ausmaß an schulfachlicher Lernfreude mit der Wahrnehmung eines besseren Sozialklimas in der eigenen Klasse, mit einer stärker erlebten Unterstützung durch die Lehrkräfte sowie mit wesentlich niedriger ausgeprägter Schulunlust einher. Insbesondere mit diesem Ergebnis ist auf den substanziellen Zusammenhang zwischen schulfachlich entwickelten Emotionen und dem gesamten Wohlbefinden innerhalb des schulischen Settings verwiesen.
Normierung
Eine Normierung wurde nicht vorgenommen.
Anwendungsmöglichkeiten
Mit den Skalen zur Erfassung der affektiven Valenz des Lesens und Rechnens erscheinen zwei Forschungsinstrumente verfügbar, durch deren Einsatz die schulfachliche Lernfreude in zwei leistungsthematischen Kernbereichen des Grundschulunterrichts ökonomisch, reliabel sowie valide erfasst werden kann. Mit ihnen sollte sich das Konstrukt im Kontext diverser Untersuchungsansätze zu den kognitiv-motivationalen Bedingungen unterrichtlicher Lehr-Lern-Prozesse gezielt analysieren lassen unter anderem auch im Hinblick auf die empirische Prüfung komplexerer Modellvorstellungen, die vor allem die längsschnittlichen Beziehungen zwischen Selbstkonzept, Lernfreude und Leistung (Faber, 2012; Green, Nelson, Martin & Marsh, 2006) einerseits sowie den entsprechenden Einfluss der schulischen Lernumwelt andererseits (Frenzel, Pekrun & Goetz, 2007a) zu klären suchen. Daneben sollten sich diese Skalen auch für die Evaluation einschlägiger Interventionskonzepte nutzen lassen.
Bewertung
Mit den beiden Skalen zur schulfachspezifischen Erfassung affektiver Valenzen wird zunächst einmal nur ein wichtiger Aspekt des Konstrukts Lernfreude erfasst. Die kognitiven und motivationalen Konstruktkomponenten bleiben hier unberücksichtigt. In Anbetracht der nachweislich hohen Korrelationen zwischen den einzelnen Komponenten erscheint diese Reduzierung indes konzeptuell wie empirisch vertretbar (Hagenauer, 2011). Überdies kommt gerade der Entwicklung positiver Lernemotionen ein wesentlich prädiktiver Stellenwert für die langfristige Interessengenese zu (Daniels, 2008; Hidi, Renninger & Krapp, 2004). Dabei dürfte die mit beiden Skalen vorgenommene Operationalisierung der affektiven Valenz-Kognitionen zunächst einmal eine grundlegende Abbildung der entsprechenden Schülerperspektiven gewährleisten. Eine mögliche Weiterentwicklung des Verfahrens sollte das Konstrukt schulfachlicher Lernfreude daher noch stärker differenzieren und inhaltlich weiter entfalten können - etwa durch die Einbeziehung domänetypischer Anforderungen und Lernaktivitäten (Helmke, 1997a).
Erstmals publiziert in:
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