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BFB
Skala zu belastenden familiären Bindungen
Kurzabstract
Das Verfahren BFB stellt ein quantitatives und qualitatives Maß für die Diagnose, die Stärke und die Erscheinungsform bestimmter belastender Bindungen innerhalb der Familie zur Verfügung. Die fünf Items wurden aufgrund von Literaturstudien und nach Aussagen von bulimischen Frauen formuliert. Reliabilität: Für die Endfassung wurde ein Konsistenzkoeffizient von Cronbachs Alpha = .71 errechnet. Validität: Das Verfahren besitzt inhaltlich-logische Gültigkeit. Die Ergebnisse der Untersuchung von Böhm (1993) liefern weitere Hinweise auf die Validität. Darin zeigte sich, dass je belastender die innerfamiliären Beziehungen waren, umso eher die erwachsenen Frauen ein gestörtes Essverhalten aufwiesen. Gute Sozialkontakte müssen als intervenierende Variable gesehen werden, die die belastenden Bindungen innerhalb der Familie ausgleichen konnten.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: BFB. Skala zu belastenden familiären Bindungen. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9003952
Zitierung
Böhm, B. (1999). BFB. Skala zu belastenden familiären Bindungen [Verfahrensdokumentation, Autorenbeschreibung und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4536
Kurzinformationen
Kurzname BFB
Engl. Name Family Conflict Resolution Style Scale
Autoren Böhm, B.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 1999
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Biographische Angaben, Sozialisation, Bindungsverhalten, Einstellungen zur Kindererziehung, Eltern-Kind-Beziehungen
Sprachversionen deu
Altersbereich Erwachsene
Itemzahl 5 Items
Subskalen Keine; belastende Bindungen
Durchführungszeit max. 5 Min.
Auswertungsdauer Wenige Minuten.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .71
Inhaltlich-logische Validität; Korrelation zu gestörtem Essverhalten.
Keine.
Anwendungsbereich Klinische Diagnostik, Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Das Verfahren stellt ein quantitatives und qualitatives Maß für die Diagnose, die Stärke und die Erscheinungsform bestimmter belastender Bindungen innerhalb der Familie zur Verfügung.
Aufbau
Der Fragebogen besteht aus fünf Items. Der Versuchsperson sind auf jede Frage vier Antwortalternativen vorgegeben, von denen sie eine auswählen muss. Je höher der Wert der Antwortalternative, desto schwerer ist die Problematik hinsichtlich der betreffenden belastenden Bindung in der Familie aus Sicht der Probandin. Die den Antworten zugeordneten Punktescores werden zu einem Gesamtwert aufaddiert.
Grundlagen und Konstruktion
Die Items wurden aufgrund von Literaturstudien und nach Aussagen von bulimischen Frauen formuliert. Bei der Itemanalyse erwiesen sich drei Items von ursprünglich acht als nicht aussagekräftig und wurden eliminiert.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Untersucht wurden 29 Klientinnen eines Frauengesundheitszentrums sowie 20 Patientinnen psychosomatischer Abteilungen verschiedener Kliniken.
Reliabilität: Für die Endfassung wurde ein Konsistenzkoeffizient von .71 errechnet.
Validität: Das Verfahren besitzt inhaltlich-logische Gültigkeit. Die Ergebnisse der Untersuchung von Böhm (1993) liefern weitere Hinweise auf die Validität.
Normen: Angegeben werden Stichprobenkennwerte der durchgeführten Untersuchung.
Testkonzept
Theoretischer Hintergrund
Die Skala zu belastenden familiären Bindungen basiert auf den Ergebnissen früherer Untersuchungen, wobei angenommen wird, dass durch bestimmte belastende innerfamiliäre Beziehungen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Pathologien bei den Kindern entwickeln. Folgende Faktoren können hier eine Rolle spielen:
- Das Kind als Verbündeter eines Elternteils, die miteinander in Konflikt stehen (Lieberman, 1989). Das Kind hat eine bestimmte Vertrauensstellung einem Elternteil gegenüber und es wird mit den Problemen von Vater und Mutter belastet.
- Das Kind muss einem Elternteil gegenüber besonders viel Verantwortung tragen (Garfinkel, Moldofsky & Garner, 1980; Hudson, Pope, Jonas & Yurgelun-Todd, 1983; Strober, 1981).
Dem Test liegt die Annahme zugrunde, dass man aus den ehrlichen und offenen Angaben einer Person die von ihr subjektiv wahrgenommenen innerfamiliären Beziehungen erheben kann, so wie sie für sie wirksam waren, was auch bedeutet, wie sie zu einer gesunden oder pathogenen Entwicklung beigetragen haben.
Der Fragebogen entstand im Rahmen einer umfassenderen Studie von Böhm (1993), in der mittels verschiedener Fragebögen an Bulimie erkrankte Frauen und eine psychosomatisch belastete Kontrollgruppe ohne Essstörungen hinsichtlich bestimmter familiärer Gegebenheiten in ihrer Kindheit und Jugend verglichen und Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Familiensituationen und den Essstörungen hergestellt wurden.
Testaufbau
Der Fragebogen besteht aus 5 Items (ursprünglich 8 Items, von denen drei zur Verbesserung des Konsistenzkoeffizienten eliminiert wurden). Es bestehen keine Subskalen. Die Versuchsperson muss sich selbst einschätzen und eine von vier Antwortmöglichkeiten als die für sie Zutreffende ankreuzen (1 = trifft genau zu, 2 = trifft zu, 3 = trifft kaum zu, 4 = trifft nicht zu). Je höher die Ziffer der angekreuzten Antwortmöglichkeit ist, desto belastender wurde von der Probandin ihre Beziehung zu dem betreffenden Elternteil wahrgenommen. Je niedriger die Ziffer der angekreuzten Antwortmöglichkeit ist, desto mehr konnte die Versuchsperson aus ihrer Sicht in gesunden familiären Beziehungen heranwachsen.
Auswertungsmodus
Für die gesamte Skala werden alle Antwortziffern aufaddiert und Mittelwert und Streubreite errechnet. So ergibt sich ein Wert für die betreffende Versuchsperson, der ein Maß für die Belastung aus innerfamiliären Beziehungen darstellt.
Auswertungshilfen
Es sind keine speziellen Auswertungshilfen erforderlich. Schablonen können ggf. selbst angefertigt werden.
Auswertungszeit
Für die manuelle Auswertung sind nur wenige Minuten zu veranschlagen.
Itembeispiele
- Schon als ich noch klein war (5-10 Jahre) besprach meine Mutter (Stiefmutter, neue Partnerin meines Vaters) ihre persönlichen Probleme mit mir.
Items
- Schon als ich noch klein war (5-10 Jahre) besprach meine Mutter (Stiefmutter, neue Partnerin meines Vaters) ihre persönlichen Probleme mit mir.
- Schon als ich noch klein war (5-10 Jahre) besprach mein Vater (Stiefvater, neuer Partner meiner Mutter) seine persönlichen Probleme mit mir (Item wurde später eliminiert!).
- Bei uns hatte jedes der Geschwister/ich (falls keine Geschwister vorhanden) zu einem bestimmten Elternteil ein besonders enges Verhältnis.
- Ich war schon von Kindheit an die beste Freundin meiner Mutter (neuen Partnerin meines Vaters).
- Meine Mutter (neue Partnerin meines Vaters) sagt(e) oft zu mir: "Ich habe ja nur Dich!"
- Mein Vater (neuer Partner meiner Mutter) sagt(e) oft zu mir: "Du bist so, wie Deine Mutter früher war."
- Ich hatte ein besonderes sexuelles (was auch immer für Sie als Kind "sexuell" war) Verhältnis zu meinem Vater, Stiefvater, neuen Partner meiner Mutter. Dies war unser Geheimnis (Item wurde später eliminiert!).
- Ich hatte ein besonderes sexuelles (was auch immer für Sie als Kind "sexuell" war) Verhältnis zu meiner Mutter, Stiefmutter, neuen Partnerin meines Vaters. Dies war unser Geheimnis (Item wurde später eliminiert!).
Durchführung
Testformen
Das Verfahren kann als Einzel- oder Gruppentest durchgeführt werden. Parallelformen liegen nicht vor. In der Untersuchung von Böhm (1993) wurden neben der Skala zu belastenden familiären Bindungen unter anderem folgende in PSYNDEX Tests dokumentierte Verfahren eingesetzt:
- Essverhalten-Test (EVT; PSYNDEX Tests-Nr. 9003949);
- Fragebogen zu Konfliktlösungsstilen im Elternhaus (KLSE; PSYNDEX Tests-Nr. 9003951);
- Test für Erziehungsverhalten zum "Überbehüten" (ÜBER; PSYNDEX Tests-Nr. 9003950).
Altersbereiche
Der Test ist für Erwachsene konzipiert.
Durchführungszeit
Es ist mit maximal 5 Minuten Durchführungszeit zu rechnen.
Material
Zu den Testmaterialien zählen der Fragebogen und ein Schreibgerät.
Instruktion
Dem Fragebogen ist eine ausführliche Instruktion vorangestellt. Es genügt, wenn die Probanden sie lesen und verstehen.
Durchführungsvoraussetzungen
Der Testleiter benötigt keine über die bei vergleichbaren Verfahren hinausgehenden Fähigkeiten.
Testkonstruktion
Die Testkonstruktion orientierte sich an den Kriterien der Klassischen Testtheorie. Bei der Konzeption wurde auf frühere Erfahrungen und Überlegungen zurückgegriffen. Ziel war es, die belastenden Bindungen im Elternhaus der Versuchsperson zu untersuchen. Die Items wurden aus Literaturstudien (Lieberman, 1989; Strober, 1981; Garfinkel et al., 1980; Hudson et al., 1983) und aus den Berichten von bulimischen Frauen entwickelt.
Es werden spezielle Strukturen von belastenden Bindungen zwischen einem Elternteil und seiner Tochter untersucht. Darunter fällt eine bestimmte Vertrauensstellung der Tochter einem Elternteil gegenüber, dass die Tochter mit Problemen von Vater und Mutter belastet wurde, dass die Tochter einem Elternteil gegenüber besonders viel Verantwortung tragen musste ("Ich habe ja nur Dich!") bis zu sexuellem Missbrauch.
Untersucht wurden mit dem Instrument 29 Klientinnen eines Frauengesundheitszentrums sowie 20 Patientinnen psychosomatischer Abteilungen verschiedener Kliniken. Die Fassung, die den Versuchspersonen vorgelegt wurde, bestand aus 8 Items. Um eine höhere Reliabilität zu erreichen, wurden bei der Auswertung die Items 2, 7 und 8 eliminiert. In Tabelle 1 sind die wesentlichen Itemkennwerte aufgeführt.
Tabelle 1
Itemkennwerte der Skala zu belastenden familiären Bindungen (Böhm, 1993, S. 145)
Items | M | SD | rit |
---|---|---|---|
1. (81u) Mutter bespricht ihre Probleme | 1.48 | .69 | .45 |
2. (83u) Geschwister hatten enges Verhältnis | 2.33 | 1.08 | .42 |
3. (84u) Beste Freundin der Mutter | 1.54 | .78 | .57 |
4. (85u) Ich habe ja nur Dich | 1.61 | .88 | .52 |
5. (86u) Du bist so, wie Mutter früher war | 1.39 | .74 | .42 |
Anmerkungen. Die Tabelle enthält neben der fortlaufenden Nummerierung der Items in Klammern die Ziffern für die Reihenfolge im Originalfragebogen. M = arithmetischer Mittelwert, SD = Standardabweichung, rit = Trennschärfe, u = Item geht mit negativer Polung in die Berechnung ein.
Gütekriterien
Objektivität
Aufgrund der Fragebogenform, der standardisierten Vorgehensweise und der schriftlichen Instruktion kann das Verfahren hinsichtlich seiner Durchführung und Auswertung Objektivität in Anspruch nehmen.
Reliabilität
Mit der ursprünglichen 8-Item-Fassung wurde ein Konsistenzkoeffizient von .59 erreicht. Bei der Itemanalyse erwiesen sich die Items 2 (Vaters Probleme), 7 (sexuelles Verhältnis zu Vater) und 8 (sexuelles Verhältnis zu Mutter) jedoch als nicht aussagekräftig und wurden daraufhin eliminiert. Der resultierende Fragebogen zur Erhebung belastender familiärer Bindungen hat einen Konsistenzkoeffizienten von .71 und besteht nur mehr aus 5 Items.
Validität
Das Verfahren besitzt inhaltlich-logische Gültigkeit. Die Ergebnisse der Untersuchung von Böhm (1993) liefern weitere Hinweise. Darin zeigte sich, dass je belastender die innerfamiliären Beziehungen waren, umso eher die erwachsenen Frauen gestörtes Essverhalten aufwiesen. Gute Sozialkontakte müssen als intervenierende Variable gesehen werden, die die belastenden Bindungen innerhalb der Familie ausgleichen konnten. Weitere Validitätsprüfungen wurden nicht vorgenommen.
Normierung
Eine Normierung wurde nicht durchgeführt. Angegeben werden Stichprobenkennwerte (mittlere Itemkennwerte) der Untersuchung von Böhm (1993, S. 150): M = 1.96, SD = .84, Schiefe = .64, Exzess = 3.3.
Anwendungsmöglichkeiten
Mit der Skala zu belastenden familiären Bindungen steht ein quantitatives und qualitatives Maß für die Einschätzung von innerfamiliären Beziehungen zur Verfügung. Der individuelle Wert gibt Anhaltspunkte für die Ausprägung der einzelnen belastenden Bindungen, Antworten auf einzelne Fragen geben Einsichten über die Erscheinungsform der belastenden Bindungen. Aus den Erscheinungsformen belastender Bindungen im Elternhaus lassen sich Ziele für Beratung und Therapie der Probandin ableiten.
Bewertung
Die Skala zu belastenden familiären Bindungen stellt ein mögliches Instrument zur Planung von Beratungs- und Therapieprozessen dar. Er ist bereits an einer klinischen Stichprobe erprobt und hat den Anforderungen für die Erhebung standgehalten.
Erstmals publiziert in:
Böhm, B. (1993). Familiäre Ursachen von Bulimie. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Regensburg.
Literatur
Böhm, B. (1993). Familiäre Ursachen von Bulimie. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Regensburg.
Garfinkel, P. E., Moldofsky, H. & Garner, D. M. (1980). The heterogeneity of anorexia nervosa: Bulimia as a distinct subgroup. Archives of General Psychiatry, 37, 1036-1040.
Hudson, J. L., Pope, H. G., Jonas, J. M. & Yurgelun-Todd, D. (1983). A family study of anorexia nervosa and bulimia. British Journal of Psychiatry, 142, 133-138.
Lieberman, S. (1989). A family with four bulimic children. International Journal of Eating Disorders, 8, 101-104.
Strober, M. (1981). The significance of bulimia in juvenile anorexia nervosa: An exploration of possible etiological factors. International Journal of Eating Disorders, 1, 28-43.
Rückmeldeformular
Rückmeldung über die Anwendung eines Verfahrens aus dem Testarchiv des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID) an die Testautoren/-innen
Kontaktdaten
Dr. Dipl.-Psych. Birgit Böhm †, Letzte Kontaktadresse: Praxis für Psychotherapie, Hochweg 35, D-93049 Regensburg