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GRI-JUG
Instrument zur Erfassung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts im Jugendalter
Kurzabstract
Das GRI-JUG erfasst mit 20 Items sowohl positive als auch negative Aspekte des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts auf den beiden Dimensionen der Maskulinität und Femininität im Jugendalter (12-18 Jahren). Über die Einbeziehung der negativen Aspekte maskuliner und femininer Attribute der Geschlechterrolle wird die Möglichkeit eröffnet, psychologische Korrelate negativer Selbstkonstruktionen in Bezug auf geschlechtstypisierte Merkmale genauer zu analysieren und theoretisch zu verankern. Den theoretischen Rahmen zur Analyse des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts liefert die "Gender Schema Theory" von Bem (1981). Es liegen vier Teilskalen mit jeweils 5 Items vor (Mask+, Mask-, Fem+ und Fem-). Reliabilität: Cronbachs Alpha lag bei Alpha = .63-.75. Validität: Die Teilskalen korrelierten jeweils positiv, aber gering miteinander, während die Zuschreibung positiver maskuliner Attribute signifikant mit der Zuschreibung positiver femininer Attribute korrelierte sowie die Zuschreibung negativer maskuliner Attribute mit der Zuschreibung negativer femininer Attribute. Zur weiteren Bestimmung der (prädiktiven) Validität wurden die Korrelationen mit den ausgewählten Validierungskonstrukten (Trait-Aggressivität, Empathiefähigkeit, Präferenz für typische Jungen- bzw. Mädchenberufe, Jungen- und Mädchen-Wünsche) bestimmt.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: GRI-JUG. Instrument zur Erfassung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts im Jugendalter. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9005895
Zitierung
Krahe, B., Berger, A. & Möller, I. (2011). GRI-JUG. Instrumentarium zur Erfassung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts im Jugendalter [Verfahrensdokumentation und Fragebogen mit Auswertungsanleitung]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.6540
Kurzinformationen
Kurzname GRI-JUG
Engl. Name Inventory for Measuring Gender Role Self-Concept in Adolescence
Autoren Krahé, B., Berger, A., Möller, I.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2011
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Adjektive, Einstellungen zur Geschlechtsrolle, Geschlechtsrollen, Geschlechtsunterschiede beim Menschen, Männlichkeit, Weiblichkeit, Geschlechtsidentität, Jugendlicheneinstellungen, Empathie, Aggressivität (Persönlichkeit)
Sprachversionen deu
Altersbereich ca. 12-18 Jahre
Itemzahl 20 Items
Subskalen (1) positiver Aspekt des maskulinen Selbstkonzept, (2) negativer Aspekt des maskulinen Selbstkonzept, (3) postiver Aspekt des femininen Selbstkonzepts, (4) negativer Aspekt des femininen Selbstkonzepts
Durchführungszeit ca. 5 Min.
Auswertungsdauer Keine Angaben.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .63-.75.
Befunde zur Skaleninterkorrelation und prädiktiven Validität.
Keine Normen.
Anwendungsbereich Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Das GRI-Jug erfasst sowohl positive als auch negative Aspekte der Selbstkonstruktion auf den beiden Dimensionen der Maskulinität und Femininität im Jugendalter. Über die Einbeziehung der negativen Aspekte maskuliner und femininer Attribute der Geschlechterrolle wird die Möglichkeit eröffnet, psychologische Korrelate negativer Selbstkonstruktionen in Bezug auf geschlechtstypisierte Merkmale genauer zu analysieren und theoretisch zu verankern. Das Verfahren wurde aufgrund der Befragung von Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen 12 und 18 Jahren entwickelt und bildet die Vorstellungen und das Vokabular der Zielgruppe der Jugendlichen ab. Daher ist das Verfahren speziell für diese Altersgruppe geeignet.
Aufbau
Es handelt sich um eine Selbstbeurteilungsskala mit 20 Items zur Erfassung positiver und negativer Aspekte des maskulinen und femininen Selbstkonzepts. Die Items sind inhaltlich auf das Jugendalter ausgerichtet. Es liegen vier Teilskalen mit jeweils 5 Items vor (Mask+, Mask-, Fem+ und Fem-), die einen spezifischen Beitrag im Zusammenhang zu anderen psychologisch relevanten Konstrukten leisten. Die 20 Items werden auf einer fünfstufigen Skala von 1 (trifft gar nicht zu), 2 (selten), 3 (gelegentlich), 4 (oft) bis 5 (trifft [fast] immer zu) beantwortet, deren Werte pro Teilskala gemittelt werden. Die Testung kann einzeln oder in der Gruppe erfolgen.
Grundlagen und Konstruktion
Den theoretischen Rahmen zur Analyse des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts liefert die "Gender Schema Theory" von Bem (1981). Die Theorie postuliert, dass Individuen sozial geteilte Vorstellungen über typisch männliche und typisch weibliche Attribute in ihr Selbstkonzept integrieren und sich sowohl zu geschlechtskongruenten als auch zu geschlechtsinkongruenten Merkmalen positionieren - unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht. Das Geschlechtsrollen-Selbstkonzept steuert in diesem Zusammenhang die Aufnahme und Verarbeitung von geschlechtsbezogenen Informationen und steht mit anderen Personenvariablen wie z.B. Reaktionszeiten beim Erkennen geschlechtsbezogener Wörter (Mills, 1981) oder psychischer Gesundheit (Lefkowitz & Zeldow, 2006) in Zusammenhang. Durch den nachgewiesen Wandel der Geschlechtsrollen über die Zeit (Twenge, 1997) wurde die Entwicklung eines neuen Instrumentes erforderlich, das den aktuellen Konsens in der betreffenden Zielgruppe hinsichtlich der Geschlechtstypizität von Eigenschaften sowie ihrer Bewertung widerspiegelt. Es wurden zunächst positive und negative geschlechtsspezifische Attribute von Jungen und Mädchen generiert, die anschließend von einer weiteren Stichprobe hinsichtlich der Typizität für beide Geschlechter eingeschätzt wurden. Die so ermittelten 20 Items für die vier Teilskalen wurden in einer dritten Studie schließlich an verschiedenen, theoretisch hergeleiteten Konstrukten validiert. Die psychometrische Überprüfung erfolgte nach Prinzipien der Klassischen Testtheorie.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Reliabilität: Für die vier Teilskalen des GRI-Jug ergab sich in der Validierungsstudie (Krahé, Berger & Möller, 2007) eine hinreichende interne Konsistenz (Alpha = .63 - .75). Validität: Die beiden positiven und negativen Teilskalen für Femininität (r = .13) und Maskulinität (r = .10) korrelierten jeweils positiv, aber gering miteinander; während die Zuschreibung positiver maskuliner Attribute signifikant mit der Zuschreibung positiver femininer Attribute (r = .35) korrelierte, sowie die Zuschreibung negativer maskuliner Attribute mit der Zuschreibung negativer femininer Attribute (r = .38). Zur weiteren Bestimmung der Validität des GRI-Jug wurden zunächst die Korrelationen mit den ausgewählten Validierungskonstrukten (Trait-Aggressivität, Empathiefähigkeit, Präferenz für typische Jungen- bzw. Mädchenberufe, Jungen- und Mädchen-Wünsche) bestimmt. Auf der Ebene der bivariaten Korrelationen korrelierte die Teilskala Mask+ positiv mit Aggressivität, der Präferenz für Jungenberufe und den Jungen-Wünschen, sowie positiv - aber geringer als die Femininitätsskalen - mit der Empathiefähigkeit. Die Teilskala Mask- korrelierte ebenfalls positiv mit Trait-Aggressivität und Präferenz für Jungenberufe bzw. -wünsche, aber negativ mit Empathiefähigkeit sowie der Präferenz für Mädchenberufe. Die Teilskala Fem+ korrelierte negativ mit der Trait-Aggressivität und der Präferenz für Jungenberufe und Jungenwünsche sowie positiv mit Empathiefähigkeit und der Präferenz für Mädchenberufe. Des Weiteren fanden sich positive Zusammenhänge zwischen Fem- und der Aggressivität, der Empathiefähigkeit und der Präferenz für Mädchen-Berufe und Mädchen-Wünsche. Erwartungsgemäß erwiesen sich die Teilskalen des GRI-Jug als signifikante Prädiktoren der Validierungskonstrukte. In Bezug auf die Trait-Aggressivität ergaben sich signifikant positive Regressionskoeffizienten für die Teilskalen Mask+ und Mask- sowie für die Teilskala Fem-. Die beiden femininen Teilskalen erwiesen sich als positive Prädiktoren der Empathiefähigkeit, während die beiden maskulinen Teilskalen negativ mit der Empathiefähigkeit in Beziehung standen. Die beiden Maskulinitätsskalen erwiesen sich darüber hinaus als positive Prädiktoren der Attraktivität der Jungen-Berufe und sagten die Jungen-Wünsche vorher. Außerdem waren die beiden Maskulinitätsskalen negative Prädiktoren der Attraktivität der Mädchen-Berufe und -Wünsche. Umgekehrt sagten höhere Femininitätswerte auf beiden Teilskalen eine höhere Attraktivität der Mädchen-Berufe und -Wünsche und eine geringere Attraktivität der Jungen-Berufe und -Wünsche vorher. Normen: Es liegen keine Normen vor.
Testkonzept
Items
Ich bin …
… gefühlvoll
… kameradschaftlich
… zickig
… unordentlich
… nachtragend
… romantisch
… humorvoll
… eitel
… faul
… fleißig
… hinterlistig
… angeberisch
… verständnisvoll
… mutig
… gewaltfreudig
… lästernd
… sportlich
… einfühlsam
… aggressiv
… stark
Durchführung
Altersbereiche
Das Verfahren ist speziell für Jugendliche entwickelt (Altersbereich etwa 12-18 Jahre).
Durchführungszeit
Die Bearbeitung dauert ca. 5 Minuten.
Bewertung
Gegenüber bislang existierenden Instrumenten wie dem BSRI oder dem PAQ hat das neu entwickelte Geschlechtsrolleninventar für Jugendliche (GRI-Jug) mehrere Vorteile: (1) Es basiert auf einem aktuellen Inventar geschlechtstypisierter Eigenschaften, die in einem mehrstufigen Auswahlverfahren gewonnen wurden. (2) Es umfasst neben positiven auch negative Attribute, die für die Konstruktion des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts von Bedeutung sind und in früheren Instrumenten vernachlässigt wurden. (3) Es bildet Vorstellungen und Vokabular von Jugendlichen ab. Insgesamt handelt es sich bei dem GRI-Jug um ein zuverlässiges und valides Instrument zur Erfassung positiver und negativer Aspekte des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts bei Jugendlichen, das nicht zuletzt durch seine Kürze in einer Vielzahl von Anwendungskontexten einsetzbar ist.
Erstmals publiziert in:
Krahe, B., Berger, A. & Möller, I. (2007). Entwicklung und Validierung eines Inventars zur Erfassung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts im Jugendalter. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 38 (3), 195-208. PSYNDEX Dok.-Nr. 0200688
Literatur
Bem, S. L. (1981). Gender schema theory: A cognitive account of sex typing. Psychological Review, 88, 354-364.
Krahé, B., Berger, A. & Möller, I. (2007). Entwicklung und Validierung eines Inventars zur Erfassung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts im Jugendalter. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 38, 195-208. PSYNDEX Dok.-Nr. 0200688
Lefkowitz, E.S. & Zeldow, P. (2006). Masculinity and femininity predict optimal mental health: A belated test of the androgyny hypothesis. Journal of Personality Assessment, 87, 95-101.
Mills, C.J. (1981). Sex-typing and self-schemata effects on memory and response latency. Journal of Personality and Social Psychology, 45, 163-172.
Twenge, J.M. (1997). Changes in masculine and feminine traits over time: A meta-analysis. Sex Roles, 36, 305-325.
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Kontaktdaten
Dr. Ingrid Möller, Universität Potsdam, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin, Department Psychologie, Universität Potsdam, Karl-Liebknecht-Straße 24-25, D-14476 Golm
Prof. Dr. Anja Berger, Professur für Psychologie, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Polizei- und Sicherheitsmanagement (FB5), Campus Lichtenberg, Haus 1, Raum 1.3057, Alt-Friedrichsfelde 60, D-10315 Berlin
Prof. Dr. Barbara Krahé, Emerita, Universität Potsdam, Sozialpsychologie, Karl-Liebknecht-Straße 24-25, D-14476 Potsdam